Seminar 3: Neue Kundenströme? – Umgang mit Schließungen im Umfeld
»69 Prozent aller Apotheken, in deren Nähe eine Apotheke schließt, verzeichnen einen Umsatzzuwachs und 58 Prozent einen Kundenzuwachs.«
Immer mehr Apotheken erreichen die Grenzen der Wirtschaftlichkeit. Das bedeutet auch neues Potential für alle bestehenden Apotheken: neue Kundenströme, Warenlagerübernahme, Kundenwerbung – Ralph Kromminga aus der Treuhand Rechtsanwaltgesellschaft und Sabrina Litwinski aus der Abteilung Betriebswirtschaft der Treuhand Hannover erläutern, was erlaubt ist und was nicht.
Die ABDA Zahlen zeigen es deutlich: Es gibt immer mehr Schließungen und immer weniger Apotheken. Im zweiten Quartal des Jahres 2024 waren es noch 17 288 Apotheken bundesweit mit bis dahin bereits 283 Schließungen. »Wenn eine Apotheke schließt, gibt es einerseits Chancen und andererseits Herausforderungen«, betonten die Experten der Treuhand Hannover. »Schon im Vorfeld ist es deswegen sinnvoll, sich Gedanken zu machen und den Umgang mit der Schließung zu planen.« Da wären zum Beispiel das Potenzial des Standortes, da bald weniger Konkurrenz vor Ort ist, neue Kunden und der mögliche Umsatzzuwachs, die Werbung um Neukunden und Mitarbeitende, das Warenlager oder sogar eine Schließungsprämie, die als strategische Option gezahlt werden kann, wenn die Apotheke keine Käufer findet.
Gründe für die Schließung
Zu den Herausforderungen, die es im Vorfeld zu bedenken gilt, gehören außerdem die Gründe für die Schließung, die auch die eigene Apotheke betreffen können, die Entfernung zur Apotheke, die schließt (wichtig für die Umsatzprognosen!) und die rechtlichen Hürden. Die Erfahrungswerte der Treuhand Hannover und der Deutschen Apotheker- und Ärztebank zeigen, dass der überwiegende Teil der schließenden Apotheken Filialapotheken sind und dass Schließungen gleichermaßen Land- und Stadtapotheken betreffen. Der Durchschnittsumsatz der schließenden Apotheken liegt bei 1,64 Millionen, der durchschnittliche Gewinn bei 43 000 Euro. Die drei meistgenannten Abgabegründe sind: das Leben mehr genießen wollen (50 Prozent), Renteneintritt (44 Prozent) und weniger arbeiten wollen (48 Prozent). »Lediglich drei Prozent geben ihre Apotheke also aus finanziellen Gründen ab«, verdeutlichten die Vortragenden: »Und 12 Prozent der Apotheken schließen ohne Nachfolge.«
Umsatz- und Kundenzuwachs?
»69 Prozent aller Apotheken, in deren Nähe eine Apotheke schließt, verzeichnen einen Umsatzzuwachs und 58 Prozent einen Kundenzuwachs«, so Litwinski. Einen Umsatzwachstumsanstieg von maximal 10 Prozent gibt es bei 65 Prozent der Apotheken, einen Anstieg um 10 bis 24 Prozent bei 29 Prozent, einen Anstieg um 25 bis 50 Prozent bei 3 Prozent und einen Anstieg von 50 bis 100 Prozent bei 2 Prozent dieser Apotheken. Demgegenüber steigen jedoch auch Personalkosten, Marketingkosten, EDV- und Botendienstkosten an. »Auch Investitionen wie Umbau, Neubau, Einbau oder eine Erweiterung des Warenlagers können die Kosten steigern«, zählte Litwinski auf.
Möglichkeiten und Grenzen der Kunden- und Mitarbeiterwerbung
Besonders bei der Kunden- und Mitarbeiterwerbung ergeben sich zahlreiche (rechtliche) Fragen. Zum Beispiel dürfen die Stammkunden der schließenden Apotheke von der benachbarten Apotheke nur »beworben« werden, wenn die Apotheke tatsächlich »gekauft« wird, gleiches gilt für die Übernahme der Webseite der schließenden Apotheke oder der Telefonnummer. Die Mitarbeitenden dürfen dagegen aktiv angesprochen werden, natürlich mit der entsprechenden Rücksicht auf die schließende Apotheke, die bis dahin ihre Mitarbeitenden noch benötigt.
Fragen für Apotheken, die bleiben und die schließen
Auch bei der Übernahme des Warenlagers lauern rechtliche Fallstricke wie die Apothekenbetriebsordnung oder das Arzneimittelgesetz. Apotheken, die bleiben, sollten sich auch folgende Fragen stellen:
- Darf ich die Heimversorgung übernehmen?
- Muss ich Mitarbeitende zu »alten Konditionen« übernehmen?
- Darf ich Einrichtungsgegenstände für einen symbolischen Wert abkaufen?
- Darf ich die Praxisversorgung übernehmen? Apotheken, die schließen, sollten dagegen folgende Überlegungen anstellen: • Wann muss ich meine Mitarbeitenden kündigen?
- Darf ich einen Nachfolger (KH-Versorgung, Pflegedienste etc.) empfehlen?
- Dürfen meine Mitarbeitenden in die Konkurrenzapotheke wechseln?
- Welche Verträge sollte ich rechtzeitig kündigen?
- Was kommen für »Schließungskosten« auf mich zu?
Sie brauchen Hilfe bei Ihrer Schließung oder Beratung, weil eine Apotheke in Ihrer Nähe schließt? Wenden Sie sich gerne an die Experten der Treuhand Hannover!
- Ralph Kromminga
Rechtsanwalt, M.L.E.
Fachanwalt für Medizin- und Sozialrecht
Telefon: 0511 83390 -242 - Sabrina Litwinski
Diplom-Kauffrau, MPH
Telefon: 0511 83390 -391Fax: 0511 83390 -343
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