Neues Standbein: Pharmazeutische Dienstleistungen?
Lohnt sich das? Dr. Nina Griese-Mammen von der ABDA stellte sich auf dem Dialog den Fragen der Zuhörer.
Lisa Tiemerding von der Treuhand Hannover und Dr. Nina Griese-Mammen von der ABDA gaben in diesem Workshop detaillierte Einblicke in die fünf neuen Dienstleistungen, die erstmalig eigenständig abgerechnet werden können. Was muss beachtet werden und lohnt sich das überhaupt?
Erweiterte Medikationsberatung, richtig inhalieren, Blutdruck-Check, Pharmazeutische Betreuung von Patienten mit oraler Tumortherapie sowie von Patienten nach einer Organtransplantation – das sind die fünf neuen abrechenbaren Dienstleistungen. Mit einer interaktiven Bestandsaufnahme erfasste Lisa Tiemerding gleich am Anfang des Workshops, was den Dialog-Teilnehmer dazu besonders wichtig war. Hier wurden zum Beispiel Preis, Aufwand, Nutzen, Kundeninteresse und Personalaufwand genannt. Außerdem wurde abgefragt, wie wichtig die einzelnen Dienstleistungen eingeschätzt werden. Die Medikationsberatung, das richtige Inhalieren und der Blutdruck-Check kamen dabei auf die vorderen Plätze.
Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck
Für den Blutdruck-Check gibt es als Arbeitshilfe einen Informationsbogen, der einfach ausgefüllt werden kann. Anspruchsberechtigt sind Patienten mit verordneten Antihypertensiva ab zwei Wochen nach Therapiebeginn. Diese Dienstleistung kann alle 12 Monate abgerechnet werden oder bei Änderungen der antihypertensiven Medikation ab zwei Wochen nach Einlösen einer Neuverordnung (12-Monatsfrist beginnt erneut) auch früher.
Erweiterte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung und Üben der Inhalationstechnik
»Dies ist eine beliebte ‚Einstiegsberatung‘, da viele Apotheken diese Dienstleistung mit relativ geringem Aufwand erbringen können«, so die Abteilungsleiterin der »Wissenschaftlichen Evaluation« der ABDA. Auch hier gibt es eine Checkliste als Arbeitshilfe. Die Leistung besteht als Erstes aus der Einweisung auf Basis der Nationalen Versorgungs-Leitlinien (NVL) COPD und Asthma unter Verwendung der Arbeitshilfen der BAK. Dann folgt eine praktische Demonstration und das Üben der Inhalationstechnik. Zum Schluss gibt es noch ein Abschlussgespräch und eine Dokumentation. Anspruchsberechtigt sind Erwachsene und Kinder ab 6 Jahren mit Neuverordnung von Devices beziehungsweise Device-Wechsel.
Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation
Diese Leistung besteht aus einer Medikationsberatung gemäß der Leitlinie Medikationsanalyse der BAK sowie einer Datenerhebung und Datenerfassung mit einem strukturierten Gespräch (Brown Bag Review zuzüglich weiterer Datenquellen) – entweder in der Apotheke oder in der Häuslichkeit. Außerdem erfolgt eine pharmazeutische AMTS-Prüfung, eine Erarbeitung von Vorschlägen zur Lösung detektierter arzneimittelbezogener Probleme, ein Abschlussgespräch und eine Dokumentation. Anspruchsberechtigt sind Versicherte in der ambulanten, häuslichen Versorgung, die aktuell und voraussichtlich auch über die nächsten 28 Tage mindestens fünf Arzneimittel (verschiedene ärztlich verordnete, systemisch wirkende Arzneimittel und Inhalativa) in der Dauermedikation einnehmen beziehungsweise anwenden. Die abrechenbare Leistung kann alle 12 Monate erbracht werden oder bei erheblichen Umstellungen.
Pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie sowie von Organtransplantierten
Die Leistung wird hier entsprechend der »Erweiterten Medikationsberatung bei Polymedikation« unter Berücksichtigung der Besonderheiten der oralen Antitumortherapie beziehungsweise der immunsuppressiven Therapie nach Organtransplantation vorgenommen. Bei Bedarf erfolgt eine erneute, auf die orale Antitumortherapie zugeschnittene Beratung in Form eines semistrukturierten Gesprächs zwei bis sechs Monate nach der Medikationsberatung. Es werden Handhabungs- und Anwendungsprobleme, potenzielle Nebenwirkungen, aktuelle Bedenken und Sorgen bezüglich der Therapie und die Lösungsfindung besprochen. Gegebenenfalls wird Rücksprache mit den verordnenden Ärzten gehalten. Diese Leistung können versicherte Personen mit ambulanter oraler Antitumortherapie beziehungsweise nach Organtransplantation mit oraler immunsuppressiver Therapie einmalig in den ersten sechs Monaten nach Beginn in Anspruch nehmen.
Praktische Vorbereitungen
»Die Vorbereitung auf die abrechenbaren Dienstleistungen erfolgt vor allem im Team«, erläuterte Dr. Nina Griese-Mammen. »Einer reicht da nicht aus. Damit das funktioniert, muss das ganze Team zusammenarbeiten.« Arbeitsabläufe, Patientenansprache sowie Durchführung und Abrechnung der pDL müssen zuvor abgesprochen werden. Der Arbeitsplatz muss vorbereitet und die Unterlagen von der ABDA-Homepage heruntergeladen, individualisiert und gegebenenfalls ausgedruckt oder auf Tablet oder Laptop abgelegt werden. Alle Schulungsvoraussetzungen müssen erfüllt sein und eine Absprache mit den für die pDL relevanten Ärzten wird empfohlen. Dann werden schließlich die Verantwortlichkeiten im Team festgelegt und die Leistungen in das Qualitätsmanagement eingepflegt.
Lohnt sich das?
Ungefähr 150 Millionen Euro stehen pro Jahr insgesamt zur Verfügung. Derzeit ist es sehr wahrscheinlich, dass das Budget langfristig ausreicht, um die abgerechneten Leistungen voll zu honorieren. Sollte der Topf jedoch an seine Grenzen stoßen, können Apotheken mit einer gesicherten Auszahlung von 1000 Euro pro Quartal planen. Das Restbudget wird dann gestaffelt und gegebenenfalls anteilig ausgeschüttet: »Der Topf ist gefüllt und es wurde noch fast nichts ausbezahlt«, so die ABDA-Expertin. In einer Gegenüberstellung von Personalkosten, Honorar und durchschnittlichem Zeitaufwand wurde dann noch einmal schwarz auf weiß geschaut, ob es sich auch finanziell lohnt.
Das Ergebnis, das auch von anwesenden Apotheker, die sich bereits mit den Zahlen beschäftigt haben, bestätigt wurde: Nach ausschließlichem Abzug der Personalkosten lässt sich ein schwach positives Ergebnis feststellen. Die individuellen Investitionen im Zuge der pDL sind noch zusätzlich zu berücksichtigen, sodass im Ergebnis ein sicheres finanzielles Standbein nicht durch diese Dienstleistungen möglich sein wird. Interessant ist jedoch der Gesamtnutzen beziehungsweise Zusatznutzen, der sich durch das Angebot ergibt.
Dieser setzt sich vor allem aus weiteren wichtigen Vorteilen zusammen: der fachliche Fortschritt, das breitere Angebot der Apotheke, der Vorsprung gegenüber Mitbewerbern, die Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber sowie die gesteigerte Kundenbindung und Kundenneugewinnung. Und nicht zuletzt ermöglicht mehr persönliche Beratung auch mehr Menschlichkeit als emotionales Alleinstellungsmerkmal – ganz gemäß dem Vortrag von Professor Riegl.
- Praktische Arbeitshilfen auf der ABDA-Webseite im geschützten Mitgliederbereich
(www.abda.de/pharmazeutische-dienstleistungen/, Zugang siehe PZ-Impressum) - Neuigkeiten zu den pDL im ABDA-Newsroom
(www.abda.de/aktuelles-und-presse/newsroom/) - Mitteilung über neue Arbeitshilfen und Materialien zu den pDL über die Netzwerk-Mail Pharmazeutische Betreuung
(Anmeldung hier: www.abda.de/fuer-apotheker/einschreibeformulare/netzwerk/) - Mitteilung über neue Arbeitshilfen und Materialien zu den pDL auch in der Pharmazeutischen Zeitung
(Wieso, weshalb, warum?) - Informationen zu Honorierung und Abrechnung auf der Webseite des Nacht- und Notdienstfonds
(www.dav-notdienstfonds.de/pharmazeutische-dienstleistungen/)
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