Wegfall der Corona-Sonderumsätze verringert den Gewinn um 25 Prozent
Wirtschaftlicher Rückblick auf 2022 und Ausblick auf 2023: Gestiegene Mehrausgaben können nur zum Teil durch Umsatzsteigerungen abgefedert werden.
Im Vergleich zum Vorjahr haben die Apotheken 2022 ein starkes Gewinnminus hinnehmen müssen, welches sich durch den Wegfall der Corona-Sonderumsätze erklärt. Im Jahr 2023 stehen deutliche Verschlechterungen bei Wareneinsatz und Kosten bevor.
Die im Jahr 2021 noch vorherrschenden Corona-Sonderaufgaben – Maskenverteilung, Testen, Impfen – waren 2022 weitestgehend ausgelaufen. Das führte auch zu einer Normalisierung der Nachfrage in den Apotheken: Die Patienten kamen zurück, die Ärzte verschrieben wieder mehr Rezepte und zwei Krankheitswellen zu Anfang und Ende des Jahres belebten das Non-Rx-Segment. In Zahlen hieß das für das Jahr 2022:
Vier Prozent mehr Kunden als in 2021, fünf Prozent mehr GKV-Rx-Packungen als im Vorjahr sowie zwölf Prozent mehr OTC-Absatz als in 2021.
Umsatz: Situation und Entwicklung 2022
Die GKV-Umsätze aller Apotheken nahmen um 5,6 Prozent im Westen und 5,0 Prozent im Osten zu. Dieses Wachstum ist weitgehend unverfälscht von Corona-Sondereffekten. Neben der – erfreulichen – Entwicklung der Rx-Absatzzahlen spielt für das Wachstum zum größeren Teil der Struktureffekt der Preissteigerungen bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln eine Rolle. Das Minus im Handverkauf (PKV, OTC und Freiwahl) erklärt sich dadurch, dass in dieses Umsatzsegment in 2021 die Corona-Sonderumsätze (vor allem die Maskenverteilung im ersten Halbjahr, aber auch der Betrieb von Testzentren) verbucht wurden. Ohne diesen Effekt hätte es auch im Handverkauf ein Umsatzplus gegeben. Denn auch im PKV-Segment sind die gleichen Struktur- und Absatzeffekte wie bei der GKV zu verzeichnen. Und dank einer Krankheitswelle zu Anfang und Ende des Jahres sind auch die Verkäufe der Selbstmedikation in 2022 umsatz- und absatzmäßig gestiegen.
Der Rohgewinn sank, die Kosten stiegen
Im Jahr 2022 lagen die Rohgewinne der Apotheken im Westen bei 21,9 Prozent und im Osten bei 20,1 Prozent vom Umsatz. Die Verschlechterung gegenüber 2021 betrug rund 30 000 bis 40 000 Euro. Dies lag daran, dass im Vorjahr noch signifikante Erlöse aus der Maskenabgabe und den Corona-Tests angefallen sind. Nach Wegfall dieser Umsätze begab sich der Rohgewinn wieder auf den seit Jahren bekannten Pfad, dass sich durch die Preiseffekte im rezeptpflichtigen Bereich der prozentuale Rohgewinn verringert.
Die Gesamtkosten der Apotheken stiegen 2022 um 4,5 Prozent (West) bis 3,6 Prozent (Ost). Hauptgrund dafür waren höhere Personalkosten, die durch die Umsetzung der neuen Tarifabschlüsse entstanden sind. Hierdurch stiegen die Aufwendungen für die Mitarbeitenden im Durchschnitt um über neun Prozent. Die übrigen Kosten der Apotheken waren hingegen leicht rückläufig: etwa 6000 Euro gab jede Apotheke in 2022 weniger aus als im Jahr davor.
Die Betriebsergebnisse der Apotheken lagen Ende 2022 im Westen bei 4,9 Prozent vom Umsatz, im Osten bei 5,3 Prozent vom Umsatz und damit um fast ein Viertel geringer als im Vorjahr. Hinzu kommen noch je Apotheke 8500 bis 9000 Euro Zuschuss für Nacht- und Notdienste sowie 4500 Euro Zuschuss je Apotheke für Botenfahrten.
Vergleich mit der Vor-Corona Zeit
Die Jahre 2020 bis 2022 sind aufgrund der Corona-Sondereffekte nur sehr schwer miteinander zu vergleichen. Daher werfen wir im Folgenden einen Blick auf das letzte unverfälschte Wirtschaftsjahr und stellen einen Vergleich mit dem Vor-Corona Jahr 2019 her. Dies zeigt die Tabelle für ausgewählte Positionen unseres Betriebsvergleichs.
Man sieht, dass sich innerhalb dieser drei Jahre der Durchschnittsumsatz um fast 600.000 Euro gesteigert hat, dies sind knapp 25 Prozent mehr. Davon sind 95 000 Euro Rohgewinnplus übriggeblieben. Allerdings sind die Kosten fast in gleichem Maße gestiegen, so dass trotz all dieser Veränderungen das Betriebsergebnis Ende 2022 nur um 5.000 Euro höher als in 2019 war.
Ausblick 2023
Das Jahr 2022 war gesamtwirtschaftlich geprägt von unterbrochenen Lieferketten und steigender Inflation. Die Auswirkungen setzen sich in 2023 fort und werden sich erst in diesem Jahr so richtig in den Wirtschaftszahlen zeigen. Auch Apotheken sind betroffen: sie merken dies an der schlechten Verfügbarkeit wichtiger Arzneimittel und erhöhten Ausgaben in vielen Kostenkategorien.
Auf Seiten des Umsatzes erwarten wir in diesem Jahr eine Kontinuität der vergangenen Entwicklungen: stagnierende oder leicht steigende Absatzzahlen sowie Preissteigerungen aufgrund von teuren Arzneimitteln. Die Änderungen beim Wareneinsatz und den Kosten werden in 2023 deutlicher sein als zuvor, wobei die Betroffenheit sehr unterschiedlich zwischen den Apotheken sein wird. Am stärksten werden sich die Abschlags- und Tariflohnerhöhung bemerkbar machen, mit durchschnittlich 15 000 Euro je Betrieb. Bei den Ausgaben für Energie ist im Schnitt mit Mehrausgaben im hohen vierstelligen Bereich pro Jahr zu rechnen. Die deutlichen Zinserhöhungen spüren alle, die frisches Kapital benötigen. Höhere Mieten zahlen diejenigen, die Anpassungsklauseln in den Verträgen stehen haben. Zuletzt kommen weitere Mehrausgaben durch Konditionenverschlechterungen und Preiserhöhungen der Geschäftspartner der Apotheke zu Stande.
In Summe sind 2023 für die Durchschnittsapotheke Mehrausgaben ab 25 000 Euro realistisch. Nur ein Teil davon wird durch Umsatzsteigerungen abgefedert werden können. Ohne aktive Kompensationsstrategie drohen den Apotheken reale Rückgänge beim Betriebsergebnis.
Kostenerhöhungen in den Apotheken 2023
- Guido Michels
Diplom-Ökonom,
Stellvertretender Leiter der Abteilung BetriebswirtschaftTelefon: 0511 83390 -191