Versicherungsschutz für Apotheken – ein Überblick
Neben den elementaren Versicherungen wie Berufs- und Produkthaftpflicht sowie Inhaltsversicherung gibt es zahlreiche Absicherungen, die individuell abgewogen werden müssen: Will man Vollkasko oder kann man im Einzelfall das Risiko aus eigenen Mitteln tragen?
Apotheken sind erheblichen Risiken ausgesetzt, da sie große Verantwortung für die Gesundheit der Patienten tragen. Sie beraten und geben Empfehlungen für Therapien und Medikamente. Erleidet ein Kunde einen gesundheitlichen Schaden, weil die Apotheke ihn falsch beraten hat, drohen folgenschwere Schadenersatzforderungen.
Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist deshalb verpflichtend für den Betrieb einer Apotheke. Über diesen Basis-Schutz hinaus gibt es noch weiteren Versicherungsschutz, wie zum Beispiel:
- Inhaltsversicherung
- Ertragsausfallversicherung
- Cyberversicherung
- Rechtsschutzversicherung
- Warentransportversicherung
- Dienstreise-Kasko
Die größten Risiken des Apothekenbetriebes absichern:
Berufshaftpflicht
Genau wie bestimmte Versicherungen für Ärzte vorgeschrieben sind, ist auch eine Berufshaftpflichtversicherung für Apotheker verpflichtend. Denn auch dem gewissenhaftesten Apotheker und seinen Mitarbeitern können Fehler passieren. Die Falschberatung eines Kunden kann im schlimmsten Fall lebenslange Schäden zur Folge haben, als Apothekeninhaber kann man deshalb unter Umständen mit hohen Schadenersatzforderungen konfrontiert werden. Die Versicherungssummen bewegen sich im ein- bis zweistelligen Millionenbereich. Eine Berufshaftpflicht bietet Schutz gegen Berufsrisiken und versichert unter anderem auch Unfälle in der Apotheke, wenn beispielsweise ein Kunde über eine Kiste stolpert und sich verletzt.
Zusätzlich sollte eine Pharma-Produkthaftpflicht für pharmazeutische Unternehmer abgeschlossen oder in die Berufshaftpflichtversicherung integriert werden. Diese Produkthaftpflicht schützt Apotheker vor Schäden aus selbst hergestellten Arzneimitteln und ist für diese Tätigkeit verpflichtend abzuschließen. Der Fall aus dem Jahr 2019, bei dem ein Kind aufgrund einer fehlerhaften Rezeptur in Köln zu Tode kam, zeigte schmerzlich, welche Konsequenzen eine Verwechslung haben kann.
Auch »Retax- beziehungsweise Aut-idem Versicherungsbausteine« können in die Berufshaftpflicht integriert werden.
Inhaltsversicherung
Eine Inhaltsversicherung (anderer Name Inventarversicherung) schützt die Apotheke vor vielen Gefahren. Dazu zählen Einbruchdiebstahl, Feuer, Sturm, Hagel, Leitungswasser, Raub, Vandalismus nach Einbruchdiebstahl und weitere Elementargefahren wie Überschwemmung. Die Inhaltversicherung schützt die technische und kaufmännische Einrichtung der Apotheke inklusive aller Medikamente und sonstiger Waren. Sie bietet apothekenspezifische Absicherung und deckt auch verschlossenes Bargeld in Tresoren ab. Nach Schäden übernimmt die Inhaltsversicherung zusätzlich die Kosten für Aufräum-, Abbruch- und Löscharbeiten. Ergänzend kann der Transport von Waren mitversichert werden.
Ertragsausfallversicherung
Die Ertragsausfallversicherung ist eine Betriebsunterbrechungsversicherung. Sie schützt Sie vor den finanziellen Folgen, wenn das Unternehmen für einige Zeit stillsteht oder der Betriebsablauf gestört ist. Und das kann schnell passieren: Brand, Starkregen, Hochwasser – aktuelle Beispiele gibt es genug. Hier geht es nicht um die oben beschriebenen von der Inhaltsversicherung abgedeckten Sachschäden, sondern um die laufenden Kosten. Wenn die Umsätze ausfallen, laufen Gehälter, Pacht und Miete oder Zinsen einfach weiter. Die Ertragsausfallversicherung ersetzt diese Kosten – je nach Vertragsgestaltung bis zu 36 Monate nach dem Sachschaden.
Eine Variante der Betriebsunterbrechungsversicherung sichert auch die Kosten für eine approbierte Vertretung bei Ausfall der Leiterin oder des Leiters ab.
Cyberversicherung
Die Apotheke verwaltet höchst sensible Daten über Krankheiten und Medikationen ihrer Kunden. Im digitalen Zeitalter gehören Cyberangriffe auf betriebliche EDV- und Kassensysteme zur traurigen Normalität.
Ein Beispiel: Wenn Hacker sich mittels einer Schadsoftware Zugang zu Abrechnungs- und Gesundheitsdaten der Kunden verschaffen oder das komplette System außer Kraft setzen, kann für Sie als Apotheker großer Schaden entstehen. Im schlimmsten Fall kann das bis zur Schließung der Apotheke führen. Cyberversicherungen übernehmen beispielsweise die Kosten für Wiederherstellung der Systeme, Datenschutzverletzungen und Betriebsunterbrechungen, manche bieten Hilfe für eine professionelle Krisenkommunikation sowie präventive Mitarbeiterschulungen an.
Rechtsschutzversicherung
Als Apothekenleiter kann man sich schnell in einem unliebsamen und kostspieligen Rechtsstreit wiederfinden. Ein Nachbar, der sich durch den Apothekenbetrieb gestört fühlt, Abrechnungsstreitigkeiten mit Patienten oder ein Mitbewerber, der wettbewerbsrechtlichen Stress macht – in all diesen Fällen hilft die Rechtsschutzversicherung, Recht durchzusetzen und übernimmt die Kosten für Anwälte oder gerichtliche Prozesse. Da die strafrechtlichen Risiken bei Apotheken erhöht sind (BTM-Themen, Abrechnung mit Kassen – Betrugsvorwurf) ist ein Heilberuflertarif hier sinnvoll.
Viele Versicherungen haben Beratungsanwälte oder Mediatoren, die zu Rate gezogen werden können. In Kombination mit einem Privat-Rechtsschutz sind zusätzlich Familienmitglieder mitversichert.
Warentransportversicherung
Wenn die Apotheke einen Versandhandel für Medikamente betreibt, ist eine Warentransportversicherung als Bestandteil der Apothekenversicherung möglich. Werden teure Arzneien oder spezielle Medikamente beim Transport beschädigt (beispielsweise Defekt der Kühlung) oder kommen abhanden, bleibt die Apotheke auf den Kosten sitzen. Eine Warentransportversicherung deckt Schäden, die beim Warentransport zu Land, zu Wasser oder in der Luft entstehen können. Die Produkte sind zum vollen Warenwert weltweit versichert und auch außerhalb des reinen Transports, zum Beispiel während der Lagerung, durch den Versicherungsschutz gedeckt. Alternativ kann der Transportschutz auch als Zusatzbaustein in der Inhaltsversicherung gewählt werden.
Dienstreise-Kasko
Liefern Mitarbeiter gemäß Anordnung mit eigenem Fahrzeug Ware aus, ist die Apotheke bei Unfällen schadensersatzpflichtig. In genau diesem Fall greift dann eine Dienstreise-Vollkaskoversicherung.
Bei Übernahme einer Apotheke gehen übrigens die Verträge an den Nachfolger über, es besteht aber ein Sonderkündigungsrecht nach § 96 VVG.
Fazit:
Eine spezialisierte Beratung ist empfehlenswert. Neben den elementaren Versicherungen wie Berufs- und Produkthaftpflicht sowie Inhaltsversicherung gibt es zahlreiche Absicherungen, die individuell abgewogen werden müssen: Will man Vollkasko oder kann man im Einzelfall das Risiko aus eigenen Mitteln tragen? Apothekenspezifische Versicherer kennen den Apothekenbetrieb und bieten maßgeschneiderte Paketlösungen an – gegebenenfalls als Rahmenvertrag in Kooperation mit einer Berufsorganisation. So vermeidet man Doppelabsicherungen beziehungsweise Versicherungslücken.
- Dr. Jutta Degenhardt
Apothekerin
Leiterin der Abteilung BetriebswirtschaftTelefon: 0511 83390 -347