Neuer Apotheken-Tarif 2024 bis 2026

Die Parteien haben sich geeinigt: Finanzielle Auswirkungen und Maßnahmen für Ihre Apotheke.

23. August 2024
alt text

Längere Zeit sah es nach Stillstand bei den Tarifverhandlungen zwischen der Apothekengewerkschaft ADEXA und dem Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) aus. Erste Forderungen von über 10 Prozent wurden seitens der Arbeitgeber zunächst zurückgewiesen. Eine Gegenfinanzierung wäre nur durch entsprechende Honoraranpassungen beim Festzuschlag möglich, hieß es Anfang des Jahres. Nun kam es doch zu einer Einigung. Wir berichten über rechtliche und wirtschaftliche Aspekte des neuen Tarifvertrages.

Die Einigung umfasst mehrere Punkte, die über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Die Tarifabschlüsse gelten für fast alle Kammerbezirke, mit Ausnahme von Nordrhein und Sachsen.

  • Ab 1. Juli 2024 erhalten die Mitarbeiter aller Berufsgruppen Tariferhöhungen in Gestalt eines Sockelbetrages. Dieser beträgt in der ersten Berufsjahresgruppe 150 Euro, in allen anderen Berufsjahresgruppen sind es monatlich 100 Euro zusätzlich. Die Ausbildungsvergütungen werden ebenfalls angehoben (zwischen 44 und 60 Euro).
  • Zum 1. August 2024 gilt ein neuer Bundesrahmentarifvertrag, der eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 39 Stunden und einen Urlaubstag mehr (35 statt 34 Tage p. a.) vorsieht.
  • Ab 1. Januar 2026 steigen die Tarifgehälter linear um 3 Prozentpunkte an.

Die erste Maßnahme ist auch notwendig, um dem Erfordernis des Mindestlohnes gerecht zu werden, der in diesem Jahr noch bei 12,41 Euro liegt, im kommenden Jahr 2025 jedoch auf 12,82 Euro ansteigen wird. Das neue Tarifgehalt ergibt dann beispielsweise umgerechnet auf die Stunden für Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte ein Durchschnittsgehalt von mindestens 13,64 Euro je Stunde. Für tarifgebundene Angestellte müssen jetzt die Änderungen im Personalmanagement umgesetzt werden.

Arbeitszeitverkürzung: Besetzungsplan prüfen und neugestalten

Die zweite Maßnahme der Arbeitszeitverkürzung zielt augenscheinlich darauf ab, die Arbeitsplätze in den Apotheken in Anpassung an die Marktentwicklung attraktiver zu gestalten. Anders als auf den ersten Blick erkennbar ist, sie aber für die meisten Apotheken auch unmittelbar mit Mehrausgaben verbunden: Für Teilzeitkräfte mit einer vereinbarten Zahl an Arbeitsstunden ändert sich an der Arbeitszeit grundsätzlich nichts; die tarifliche Werterhöhung der Arbeitsstunde zum 1. August 2024 führt aber hier zur Notwendigkeit einer weiteren Gehaltsanpassung. Und auch darüber hinaus dürften in vielen Fällen jedenfalls mittelfristig Kosten entstehen, um die fehlenden Kapazitäten bei Vollzeitkräften zu kompensieren. So ist etwa fraglich, ob – ohne Anpassungen – mit der reduzierten Stundenzahl noch eine ausreichende HV-Abdeckung zur Kundenbedienung gewährleistet werden kann. Fakt ist, dass nun jede Apotheke schnell Ihren Besetzungsplan prüfen und gegebenenfalls neugestalten muss.

Die dritte Maßnahme der linearen Anpassung zum 1. Januar 2026 verschafft den Apotheken durch den Zeitversatz etwas Luft bei der Kostenentwicklung. Diese Pause bis 2026 dürfte bei den Angestellten auf eher wenig Zustimmung stoßen, da die Inflation fortschreitet und die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen weiter aufgeht. Hier sollte jeder Inhaber prüfen und abwägen, ob individuelle Zusatzmaßnahmen möglich und erforderlich sind, um die Motivation der Angestellten zu erhalten.

Finanzielle Auswirkungen für die Apotheken

Die Tabelle zeigt die Auswirkungen im Überblick nach Umsatzgrößenklassen und Maßnahme.

Hier können wir vier Kostenblöcke unterscheiden (siehe Abbildung):

  1. Die Sockelzahlungen und Ausbildungserhöhungen betragen im Durchschnitt über alle Apotheken zirka 11.500 Euro. Je nach Umsatzgrößenklasse bewegen sich die Ausgaben im Bereich von 5.000 bis 30.000 Euro. Die prozentuale Steigerung beträgt rund 3,3 Prozent.
  2. Notwendige Gehaltsanpassungen für Teilzeitkräfte per 1. August 2024 belaufen sich apothekenindividuell auf etwa 2,7 Prozent bezogen auf den Personalkostenanteil für diese Beschäftigten.
  3. Zusammen mit der Kompensation reduzierter Arbeitszeit durch zusätzliche Personalkapazitäten (Aufstockung/Neueinstellung Teilzeitkräfte,  freiwillige Erhöhung der Arbeitszeit über 39 Wochenstunden hinaus verbunden mit mehr Gehalt) kann sich hier eine zusätzliche Kostensteigerung von über 9.000 Euro für die Durchschnitts-Apotheke ergeben.
  4. Die Anpassung in 2026 mit 3 Prozent beträgt – mit heutigem Personalstand gerechnet – rund 11.000 Euro.

Die Summe für die Durchschnitts-Apotheke beliefe sich hiernach auf fast 32.000 Euro per anno (ab 2026). Je nach Umsatzgröße liegen die Werte zwischen 13.000 und 82.000 Euro. Diese Zusatzbelastung wirkt sich in diesem Jahr nur zum Teil aus, schlägt aber voll auf das Betriebsergebnis durch: Die Anpassung über den Sockel wirkt dieses Jahr nur zur Hälfte.

 

Was können und sollten Apotheken nun angesichts dieser Kostensteigerungen tun?

Zum einen muss es darum gehen, verbliebene Effizienz­reserven zu heben. Hier steht die Optimierung der Arbeitsprozesse ganz oben: Wo lässt sich Arbeitszeit einsparen, welche Arbeiten lassen sich anders gestalten? Der Einsatz welcher Tools von Automaten bis hin zu Softwarelösungen hilft, mit weniger Arbeitskraft mehr zu leisten? Eine strukturierte Personalbedarfsplanung hilft, Überbesetzungen etwa im Handverkauf zu vermeiden. Zum anderen sollte die Reduzierung von Öffnungszeiten in umsatzschwachen Randzeiten und die Einführung oder Erweiterung einer Mittagspause geprüft werden. Hier besteht nicht selten Potenzial für Einsparung von Kapazitäten im Umfang einer Teilzeitstelle.

Bei der Analyse, den Maßnahmen und der Strategiefindung sind Ihnen unsere Spezialisten der Treuhand Hannover gern behilflich. Bitte sprechen Sie Ihren Berater jederzeit an.