Heldenreise: Sind wir nicht alle ein bisschen heldenhaft?

»Ruhe bitte.« »Fertig.« »Ton ab.« »Läuft.« »Kamera ab.« »Läuft.« »Eins – Acht.« Klappe wird geschlagen. »Und Action.« Und wenn die Szene abgedreht ist: »Aus. Danke.« Wenn das in unserem Apothekenalltag auch so einfach und pragmatisch wäre wie im Film! Und falls die Aufnahme nicht so war wie wir uns das vorgestellt haben, dann drehen wir kurzerhand noch einmal!  

»Beratung Eins - Neun. Und Action!« »Präquali Zwei - Drei. Und Action.« »HiMi - Antrag Zehn - Neunzig. Und Action.«
Wie wäre es, wenn unser Alltags-Setting dem des Film-Sets doch ähnelt und der Vergleich gar nicht so abwegig wäre? Denn sind wir etwa nicht die Helden und Heldinnen in unserem Arbeits- und Lebensfilm? Und folgen nicht auch wir innerhalb dieser Drehs einer bestimmten Szenensequenz? Nur dass nicht jemand so offensichtlich neben uns steht, ein Drehbuch in der Hand hält und Regie führt?

Dabei hat sicherlich jeder von uns eine bestimmte Idee, was eine Heldenreise ist. Märchen erzählen von Helden. Eine äußere Reise kann es sein, die von A nach B führt. Oder eine innere. Die in die Tiefe führt. Wahlweise auch in die Vergangenheit. Um dort dann transformativ und zukunftsgestaltend zu wirken. In allen Fällen eine Reise, die einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende hat. Die erneut ein Startpunkt für eine weitere sein kann. In allen Fällen ebenso von einer heldenhaften Figur erzählt. Die sich auf genau diese Reise macht. Und eben dort starten die filmischen Umsetzungen, die über Helden und Heldinnen berichten, die beginnend gar nicht wissen, dass sie genau das sind. Geht es uns möglicherweise genauso? Ahnen wir gar nicht, dass wir mit Eintritt in die (Apotheken-) Welt automatisch eine Heldenreise gebucht haben? Und falls dem so sein sollte: In welcher der Phasen befinden wir uns gerade?

Die Dramaturgie einer Heldenreise birgt selbstverständlich einen gewissen Spannungsbogen. Wir erlauben uns an  »Herr der Ringe« oder an »Star Wars« zu denken. Ohne diesen Spannungsbogen wären diese Filme sicherlich zum einen wesentlich kürzer und zum anderen nicht so fesselnd. Ich bin mir sicher, alle Heldinnen werden es ganz heldinnenhaft meistern, die nun folgende Beschreibung, die nicht gegendert ist, für sich zu adaptieren!

In der gewohnten Welt zu Hause ahnt der Held, wie oben beschrieben, noch nicht, dass ihn im nächsten Moment ein Ruf ereilt, der zu einer gewaltigen Mutprobe auffordern wird. Oder er ahnt es eben doch – zumindest unterbewusst – denn er weigert sich zunächst. Trifft jedoch auf einen Mentor und überwindet auch mit dessen Hilfe die erste Hürde. Er findet Freunde. Gleichgesinnte. Die gern auch als Gefährten bezeichnet werden. Er trifft auf einen Gegner. Oft auch auf mehrere. Besteht die Prüfung. Besteht viele Prüfungen. Und erhält eine Belohnung. Einen Schatz. Das kann ein Ring sein. Muss es aber nicht. Nun macht der Held sich auf den Rückweg – als der Gleiche und doch, ob der geleisteten Heldentat, im Gewand einer neuen Persönlichkeit. Anerkennung ist ein weiterer Lohn, den er zu Hause bekommt. Und wenn er nicht …Sie wissen schon!

Und wenn wir nicht … Sie wissen schon! Nein, sind wir nicht. Noch nicht. Oder haben wir uns etwa möglicherweise noch gar nicht auf den Weg gemacht? Sind wir noch in der Verweigerungsphase und hören zwar einen Ruf, folgen ihm allerdings noch nicht mit letzter Konsequenz? Wie ist das bei Ihnen? Wo positionieren Sie sich in dem obigen sequenziellen Ablauf in Eigenschaft als Pharmazeut? Wo Ihre Mitarbeitenden? Ihre Apotheke? Die Apothekerschaft grundsätzlich? Ist es nicht so, dass ein Ruf mittlerweile nicht mehr überhört werden kann? Darf? Und ist es nicht so, dass sich viele, sehr viele Kollegen und Kolleginnen zumindest beginnend auf den Weg gemacht haben und die ersten Hürden bereits überwunden sind? Mentoren gibt es individuell sicherlich in unterschiedlichsten Ausprägungsformen. Und für Bewährungsproben gilt das Gleiche. Unabdingbar allerdings das Finden von Gefährten. Von Gleichgesinnten, die gemeinsame Sache machen, um sich dem bedrohlichen gar nicht so märchenhaften Drachen zu stellen.

In meinem Kopfkino spielen sich gerade Szenen ab, die ich persönlich auf den 14. Juni dieses Jahres datieren kann. Der Apotheken-Protestag. Momentaufnahmen, die zeigen, dass gemeinsam, miteinander und Seite an Seite auch in der Apothekenwelt funktioniert. Gänsehaut. Ganz großes Kino, wenn Sie mich fragen. Ihr Kopfkino mag ganz anders aussehen. Was sind für Sie Augenblicke, in denen Sie, Ihr Team, Ihre Apotheke einem unschlagbar wirkenden Gegner in einer schier unlösbaren Situation in die Augen geschaut haben? Den immens großen Drachen besiegt haben? Und um in dieser Metapher weiterzumachen: Welchen Prinzen oder welche Prinzessin durften Sie mit nach Hause nehmen? Was war die Belohnung für Ihre heldenhafte Tat?

Nach der Heldentat ist vor der Rückkehr in den (pharmazeutischen) Alltag. Nun geht es um die Transferleistung und die Integration der neu gewonnen Identität in die altbekannte Umgebung. Was erwartet uns noch in diesem Jahr? Welche Belohnung dürfen wir für die bisher geleisteten Heldentaten erwarten? Wie genau wird die politische Antwort ausfallen? Anerkennung und Wertschätzung dürfen wir erwarten – falls es wie im filmischen Ablauf vorgesehen weitergeht. Und an eben dieser Stelle schließt sich der Kreis zu der eingangs beschriebenen Szene am Set.

Nie dürfen wir vergessen, dass Held, Heldin und Heldenhaftes in jedem von uns stecken. Dass wir alle uns Prüfungen der unterschiedlichsten Art stellen dürfen. Und diese sind bekannter Weise nicht nur beruflicher Natur. Jeder Einzelne steckt in seinem eigenen Film. Und trifft dabei auf andere Helden und Heldinnen, die ebenfalls auf der Reise sind. Sie als solche anzuerkennen und möglicherweise sogar als Gefährten zu gewinnen, mag eine der größeren Prüfungen sein. Gelingt diese, so ist eine gemeinsame Rückkehr sehr wahrscheinlich und was das bedeutet, dürfte klar sein: Epische Heldenreiseparty mit jeder Menge Schätzen und Storys, die es zu erzählen gibt. So wird Geschichte geschrieben!

Wie ist Ihre Geschichte? Ihre Heldenreise? Wo auch immer Sie, Ihr Team, Ihre Apotheke sich befinden: Ich wünsche Ihnen aufmerksame, liebevoll fördernde Mentoren und treue, sorgsame und empathische Gefährten auf Ihrem Weg hin zur Prüfung und reichlich Belohnung für all Ihre Mühe und Ihren aufgebrachten Mut. So dass Ihnen ein vielstimmiges »Wow. Aus. Danke!« zum krönenden Abschluss der Dreh-Szene Ihrer Heldenreise entgegenschallt!