Die 6 größten Irrtümer und Fehler bei der Urlaubsgewährung
Wenn der Arbeitgeber auf den Urlaubsantrag des Mitarbeiters nicht reagiert, gilt dieser als genehmigt? Entlarven Sie Mythen und Behauptungen rund um den Urlaub.
Das Bundesurlaubsgesetz gewährt allen Arbeitnehmern in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf 24 Tage bezahlten Erholungsurlaub – bezogen auf eine 6-Tage-Woche. Arbeitet ein Arbeitnehmer an weniger Arbeitstagen, ist der Urlaubsanspruch anteilig zu kürzen.
Mitarbeiter, auf die der Bundesrahmentarifvertrag oder der sächsische Rahmentarifvertrag Anwendung findet, haben zunächst 34 Tage Urlaub, nach 5-jähriger Betriebszugehörigkeit 35 Tage. Beschäftigte, für die der Rahmentarifvertrag für den Bezirk Nordrhein gilt, haben zunächst 33 Urlaubstage und nach fünfjähriger Betriebszugehörigkeit 34. Auch diese tariflichen Urlaubsansprüche beziehen sich auf eine 6-Tage-Woche und sind deshalb bei weniger Arbeitstagen zu kürzen.
Irrtum 1: Für »halbe« Arbeitstage ist der Urlaubsanspruch zu kürzen. Diese verbreitete Denkweise ist ein Mythos. Nur weil ein Arbeitnehmer statt 8 nur 4 Stunden pro Tag arbeitet, dürfen seine Ansprüche nicht gekürzt werden.
Irrtum 2: Freistellung ist gleich Urlaubsgewährung. Freistellung bedeutet nur, dass ein Arbeitnehmer von seiner Pflicht zur Arbeitsleistung entbunden wurde. Dies muss aber nicht zwingend zur Urlaubsgewährung erfolgen, sondern kann beispielsweise auch dem Überstundenabbau geschuldet sein. Damit durch eine Freistellung der Urlaubsanspruch erfüllt wird, muss die Freistellung explizit zu diesem Zweck erfolgen.
Irrtum 3: Wenn der Arbeitgeber auf den Urlaubsantrag des Mitarbeiters nicht reagiert, gilt dieser als genehmigt. Auch hierbei handelt es sich um einen Mythos. Zwar darf der Arbeitgeber den Urlaubswunsch des Arbeitnehmers nur aus bestimmten Gründen verwehren (zum Beispiel aus dringenden betrieblichen Gründen) – die Gewährung muss aber immer explizit durch den Arbeitgeber erfolgen. Selbstbeurlaubung ist zudem ein anerkannter Kündigungsgrund, und zwar selbst dann, wenn der Arbeitnehmer seinen Anspruch rechtzeitig geltend machte und keine Hinderungsgründe vorlagen.
Urlaubstage sollen grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Wird der Urlaub nicht genommen und kann er auch nicht im ersten Kalendervierteljahr des Folgejahres genommen werden, verfällt er, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer rechtzeitig und klar vorher mitgeteilt hat, dass diese Wirkung bei Nichtinanspruchnahme der Urlaubstage eintritt. Der Urlaub verfällt auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer zwar Urlaub begehrt, hierzu aber nicht freigestellt wird. Bei durchgehend erkrankten Arbeitnehmern verfällt der Urlaub aber erst nach 15 Monaten nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres.
Irrtum 4: Arbeit aus der Urlaubszeit muss vor- oder nachgearbeitet werden. Dieser Mythos ist falsch und wäre auch mit dem Ziel der Erholung unvereinbar. Niemand muss vor oder nach dem Urlaub liegenbleibende Arbeit vor- oder nacharbeiten. Vielmehr hat der Arbeitgeber zu gewährleisten, dass die Arbeit durch andere Kolleginnen und Kollegen miterledigt wird.
Irrtum 5: Wer während des Urlaubs krank wird, hat Pech. Auch diese Behauptung trifft gar nicht zu. Arbeitnehmer, die während des Urlaubs krank werden, können dies durch eine eAU bescheinigen lassen und sich die Urlaubstage gutschreiben lassen.
Irrtum 6: Arbeitgeber können Arbeitnehmern am Ende des Jahres nicht genommenen Urlaub abgelten. Diese Aussage ist gänzlich falsch und sehr gefährlich. Denn Urlaub ist nur dann abzugelten, wenn er wegen der Beendigung nicht mehr genommen werden kann. Eine Abgeltung während des laufenden Arbeitsverhältnisses ist nicht vorgesehen und kann auch nicht vereinbart werden, weil der Arbeitnehmer auf seine Ansprüche nicht wirksam verzichten kann. Wer nicht genommenen Urlaub am Ende des Jahres also »ausbezahlt«, muss diesen gegebenenfalls dennoch gewähren und am Ende des Arbeitsverhältnisses erneut vergüten.
Möchte der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern mehr als den gesetzlichen Urlaub gewähren, so sollte dies arbeitsvertraglich explizit vereinbart werden. Dabei sollten der gesetzliche Urlaub und der vertragliche Zusatzurlaub auch deutlich getrennt werden, denn Arbeitgeber können den Zusatzurlaub anders regeln als den gesetzlichen. So kann für den vertraglichen Zusatzurlaub die Abgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen werden, ebenso kann vereinbart werden, dass der Zusatzurlaub am Ende des Jahres verfällt oder in eine Bonuszahlung umgewandelt wird, wenn er nicht genommen wird.