Branchenbericht – Apotheken im Wandel: Regression, Reform oder Deformation?

»Wie viele essen von der Torte? Und wie viel Luft ist im Teig?« Dr. Sebastian Schwintek gab den gewohnt pointierten Überblick über die Branche und ihre unterschiedlichen Einflussfaktoren.

06. Dezember 2024
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Der Geschäftsführer des Treuhand-Verbandes, Dr. Sebsatian Schwintek, gab im Rahmen des Treuhand Dialoges wieder den traditionellen Überblick über die Apothekenbranche des letzten Jahres und die Trends im Jahr 2025 – unter anderem wohin die Reise in Sachen Apotheken-Reform-Gesetz geht.

»Der durchschnittliche Umsatztrend pro Jahr bleibt positiv. Aber: Wie viele essen von der Torte? Und: Wie viel Luft ist im Teig?« Dr. Sebsatian Schwintek nahm die Zuhörenden in gewohnt pointierter Art mit auf den Ausguck auf die Branche und ihre unterschiedlichen Einflussfaktoren. Die Top-Umsatztreiber im Jahr 2023 und 2024 waren die »Hochpreiser«, die jedoch den geringsten Rohgewinn von 3,9 Prozent generierten. Danach kommt gleich die »Kannibalisierung«, also die Apothekenschließungen als Umsatztreiber für die verbleibenden Apotheken. Und schließlich noch die GKV-Rx-FAM. OTC und Nicht-AM befinden sich dagegen im Umsatz-»Minus.

»Das Verhältnis zwischen Umsatz und Rohgewinn wird immer magerer«, zeigte der Geschäftsführer des Treuhand Verbandes und der Treuhand Hannover anhand der Zahlen des GKV-Rx Halbjahresvergleichs. Dazu kommen der weiter ansteigende Schließungstrend, der für 2024 fast 600 weniger Apotheken vorhersagt und die Wirkungen des BGH-Urteils zu Skonti. »Die Rohgewinnverluste für Apotheken seit Juni 2024 betragen zwischen 4000 und 60 000 Euro im Jahr – in Einzelfällen sogar sechsstellig,« lautete Schwinteks wirtschaftliches Fazit.

Teilnehmerstimmen …

»Der Vortrag über KI hat mich sehr interessiert und die positive Herangehensweise fand ich super. Ich würde mir in Zukunft auch Handlungsempfehlungen und 
Tipps wünschen, wie man KI effektiv in der Apotheke einsetzen kann.«
Claudia-Sabine Neeb, Hohenzollern Apotheke in Berlin

»Der Abwärtstrend des Rohgewinns setzt sich fort«

  Der Rohgewinn fällt weiter von durchschnittlich 23,2 Prozent im Jahr 2018 auf 20,4 Prozent im ersten Halbjahr 2024 – noch ohne die Folgen des Skontourteils im zweiten Halbjahr. Die Betriebskosten im ersten Halbjahr stiegen moderat um 2,2 Prozent, die Personalkosten um ca. 3,3 Prozent. Das durchschnittliche Betriebsergebnis fällt damit – nach kurzer Trendwende im ersten Halbjahr – von 153 000 auf 147 000 Euro nach dem Skontouteil und Tarifsteigerungen.

»Das Gesetz darf so nicht kommen, sonst geht die Ertragskrise weiter«

»Das Apotheken-Reformgesetz beinhaltet jede Menge falsche Prämissen,« betonte Dr. Schwintek weiter. Es geht beispielsweise davon aus, dass Apotheken nicht unterfinanziert sind, sondern nur das Honorar ungerecht verteilt und deshalb eine Umverteilung die Lösung ist. Apotheken ohne Apotheker würden dann für mehr Filialen sorgen, wo die Versorgung fehlt, nämlich auf dem Land. »Die Betrachtung von Stadt- und Landapotheken zeigt jedoch, dass die Quoten defizitärer Betriebe bei Großstadtapotheken viel höher sind als bei Land-Apotheken,« stellte Schwintek klar. »Das ApoRG produziert nur Verlierer, da es keinen Ausgleich für den Kostenanstieg vorsieht.« Die vom ApoRG erhofften Strukturreformen stellen sich bei näherer Betrachtung eher als Wettbewerbsverzerrung und Qualitäts-Downsizing heraus.

Teilnehmerstimmen …

»Ich bin zusammen mit meinem Sohn hier wegen dem Seminar ‚Verkauf und Übergang‘. Generell finde ich vor allem betriebswirtschaftliche Themen und Ratschläge wichtig.«
Dr. Bahman Jahandar, Hof-Apotheke in Büdingen

Die Branche ist im Grundsatz zukunftsfähig

Die typischen Anzeichen einer Branche in der Krise sind im allgemeinen: Rückgang der Nachfrage, sinkende Umästze, Abbau von Arbeitsplätzen und eine negatvie öffentliche Wahrnehmung. »Bei Apotheken sind jedoch eher folgende Faktoren zu beobachten: sinkende Erträge, Finanzierungsprobleme, Rückgang von Investitionen und eine Zunahme von Insolvenzen und Schließungen,« stellte Sebsatian Schwintek fest. »Es ist eine Ertragskrise – made by Gesundheitspolitik.«

Nach dem Branchenüberblick ließ Dr. Schwintek die Apothekenbetreiber nicht »im Dunkeln« stehen, sondern lud ein zum Treuhand Talk, bei dem die Treuhand-Experten mit Gästen aus der Praxis auf dem Podium die aktuellen Herausforderungen und Handlungsoptionen für Apotheken diskutierten. Die Ergebnisse lesen Sie im nächsten Artikel.